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Gesundheit

Leben mit Multipler Sklerose – ein Interview

Ratgeber-MS
„Ich bestimme selbst, wie viel Raum ich Multiple Sklerose gebe“

Diagnose Multiple Sklerose (MS): Über 2,8 Millionen Menschen sind weltweit betroffen, in Deutschland sind es mehr als 280.000 Erkrankte. Jeder Verlauf, jedes Beschwerdebild und jeder Therapieerfolg ist anders. Unsere Kollegin Anna (38) lebt seit über zehn Jahren mit der Diagnose. Wie es ihr damit geht, erzählt sie uns im Interview.

Kannst du uns von deinen Erfahrungen mit MS erzählen?

Ja natürlich! Vor gut zehn Jahren habe ich die MS-Diagnose bekommen. Damals war ich 28. Es fing an mit einem anhaltenden Taubheitsgefühl im rechten Bein. Ich dachte, es käme vom Rücken und würde von selbst wieder verschwinden. Hinzu kam, dass mir immer wieder die Beine weggeknickt sind. Dann bin ich prompt die Treppe runtergefallen... Es folgte eine sehr zeitaufwendige Ärztetour bis schließlich ein Neurologe hinzukam und die MS-Symptome erkannte.


Im Krankenhaus haben sie dann eine Woche lang etliche Tests durchgeführt. Unter anderem eine Elektroden-Messung der Nervenleitfähigkeit, eine Nervenwasserentnahme und Magnetresonanztomographie (MRT). Es gibt wirklich schönere Dinge, aber dadurch konnten die Ärzte endlich eine Diagnose stellen. Ich war schockiert und völlig verzweifelt: Warum ich???? Aber immerhin ein kleiner Trost: Das Kind hatte nun einen Namen. Endlich. Multiple Sklerose.

Was ist Multiple Sklerose (MS)?
MS hat leider viele Gesichter

MS steht für Multiple Sklerose und ist eine chronisch entzündliche, nicht ansteckende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Das Immunsystem richtet sich gegen den eigenen Körper und zerstört Teile der Nervenfasern, die maßgeblich an der Weiterleitung von Impulsen beteiligt sind. Durch die Erkrankung sind vielfache (= multiple) Stellen des Nervensystems betroffen, sodass in der Folge verschiedene Symptome auftreten können. Ein typisches Krankheitsbild gibt es nicht. Häufig sind Koordinationsprobleme, Sehstörungen oder Lähmungen. Oder auch Gefühlsstörungen der Haut, die sich meist als Kribbeln, Missempfindungen oder Taubheitsgefühl äußern. Viele berichten von „Fatigue“, einem Zustand massiver, oftmals unerklärlicher und vor allem wiederkehrender Erschöpfung.

 

Weitere Informationen rund um das Thema MS finden Sie in unserem Gesundheits-Ratgeber.

Wie hat sich dein Leben seit der Diagnose verändert?

Ich denke, ich weiß die guten Tage ganz anders zu schätzen und bin dankbar. MS verändert den Alltag und dennoch versuche ich, meinen normalen Tagesrhythmus beizubehalten. Meine Sorge, dass ich meinen Job an den Nagel hängen müsste, trat glücklicherweise nicht ein. Zusammen mit meinen Chefs und Kollegen suchte ich nach einem Weg, wie ich mit meinem reduzierten Leistungsvermögen am besten weiterarbeiten konnte.

 

Ich habe meine Arbeitsstunden zwar reduzieren müssen und an manchen Tagen bin ich – je nach Verfassung –mit dem Gehstock unterwegs, aber ich nehme am Leben teil und kann mir damit eine gewisse Selbstbestimmung erhalten. Wichtig ist ein Umfeld zu haben, das mich unterstützt: Ob Familie, Freunde, Kollegen, Ärzte oder Gleichgesinnte – ich gehe offen mit meiner Krankheit um.

Welche Symptome hast du im Zusammenhang mit MS erlebt?

Man sieht mir MS nicht immer an. Klar, es gibt sichtbare Symptome, wie beispielsweise Gangschwierigkeiten, Sprachstörungen oder Lähmungen. Das ist dann auch für mein Umfeld eindeutig, dass ich mal wieder einen Schub habe.

 

Genauso gibt es aber auch die unsichtbaren Symptome: Wenn ich mal wieder eine Fatigue habe. Dann wollen Körper und Geist nicht so, wie ich will, und ich kann einfach nicht aus dem Vollen schöpfen. Oder Inkontinenz: Ich hätte niemals damit gerechnet, dass das in meinem Alter ein Thema werden würde. Aber leider sind Probleme mit der Blase nicht untypisch für MS-Patienten. So auch bei mir...Mein größter und emotionalster Schmerz im Zusammenhang mit der MS sind allerdings die Sensibilitätsstörungen auf der Haut. Sie fühlen sich an wie 1.000 Nadelstiche. Dann darf mich niemand anfassen, weil es so schmerzhaft ist. Gleichzeitig sehne ich mich so sehr danach, dass mich jemand in den Arm nimmt...

Erstsymptome

Was sind die häufigsten Symptome bei MS?

Wie hast du gelernt, mit den Herausforderungen umzugehen?

Ihr könnt mir glauben, so einfach ist das alles nicht. Und es gibt definitiv Tage, da möchte ich laut schreien und weglaufen vor MS. Aber sie wird nicht mehr weggehen. MS ist nicht heilbar. Umso wichtiger, dass man aus dem Tal der Tränen auch wieder aufsteigt und mit neuem Mut an die Sache herangeht… Ja, die Krankheit ist da und ich akzeptiere das, aber ich bestimme selbst, wie viel Raum ich MS gebe. Ein positives Mindset ist ganz wichtig und entscheidend.

 

Generell ist es ein Prozess. Ich höre auf meinen Körper und achte auf Grenzen. Besonders nach stressigen Phasen drohen wieder vermehrt Schübe. Regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ein gutes Stressmanagement sind Teil meines Alltags geworden. Es gibt für die verschiedenen Verlaufstypen mittlerweile einige Medikamente, die zwar die Krankheit nicht heilen, aber das Fortschreiten des Krankheitsverlaufs verlangsamen können.

Unser Tipp
Sich Unterstützung holen – Du bist nicht allein!
  • Vorträge, Seminare und vieles mehr hält die Deutsche MS-Gesellschaft und ihre Landesverbände bereit (www.dmsg.de)
  • Tolle Freizeitangebote (www.dav-koeln.de)
  • Sozialrechtliche Beratung, Rehas und Messen (www.rehacare.de)
     

Welche Ratschläge hast du für Menschen mit MS?

Lasst euch nicht von der Krankheit definieren! Ja, sie hat einen Einfluss auf euer Leben, aber sie darf es nicht bestimmen. Gönnt euch Pausen, seid achtsam mit euch selbst, aber geht auch Herausforderungen an. Selbst wenn es beim ersten Anlauf nicht klappt, führt sicherlich ein anderer Weg zum Ziel.

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Stand: Mai 2023

Das Wort zum Schluss

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